Die Zeit des Zweifelns am Klimawandel ist vorbei. Das wird spätestens seit den weltweiten Freitagsdemonstrationen „Fridays for Future“ deutlich. Die junge Generation verlangt, was der Weltklimarat bereits 2007 einforderte. 12 Jahre später steht Klimaschutz ganz oben auf der Agenda. Die Zeit des Handelns für mehr Klimaschutz ist gekommen. Dies gilt gleichermaßen für politisches, gesellschaftliches wie wirtschaftliches Handeln – und das sektor- und branchenübergreifend.
In besonderem Maße ist dabei der Verkehrssektor verpflichtet, einen Beitrag zu leisten. Immerhin ist er für 18 Prozent der Emissionen in Deutschland verantwortlich. Als ein weltweit agierendes Mobilitätsunternehmen stellen wir uns als Deutsche Bahn deshalb dieser Verantwortung mit ambitionierten Klimaschutzzielen: Bis 2050 werden wir konzernweit insgesamt CO2-frei sein. Bis 2030 werden wir gegenüber 2006 den spezifischen CO2-Ausstoß halbiert und gleichzeitig den Anteil an erneuerbaren Energien auf 80 Prozent gesteigert haben. Mit der neuen Konzernstrategie geht die Deutsche Bahn noch einen Schritt weiter und wird bis 2038 den Bahnstrom vollständig auf 100 Prozent Ökostrom umstellen. Hierfür sind große Anstrengungen und Investitionen erforderlich.
Aber wir wissen auch, dass ein Mehr an Klimaschutz nicht isoliert und auf Kosten anderer Umweltschutzbereiche erreicht werden kann. Denn wir erleben die Folgen des Klimawandels bereits jetzt in ihrer gesamten Vielschichtigkeit: Wärmere Sommer, kältere Winter sowie stärkere Stürme sind einige der neuen Herausforderungen für unsere Netzinfrastruktur und unsere Fahrzeuge. Deshalb müssen wir die Auswirkungen des Klimawandels gesamthaft betrachten und tragen auch mit Anstrengungen im Naturschutz zur Lösung bei.
Indem wir Lebensräume für bedrohte Tierarten schaffen, uns für die Artenvielfalt engagieren und Ressourcen schonend einsetzen, leisten wir ebenfalls einen aktiven Beitrag für den Klimaschutz. Denn ein gesundes Ökosystem ist die Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaften im Sinne des Klimaschutzes. Das ist der Grund, warum wir umweltfreundliche Mobilitätsdienstleistungen auch jenseits der Schiene anbieten: Wir wollen unsere Kundinnen und Kunden zu Klimaschützern machen und ihnen dabei ein umweltfreundliches Mobilitätserlebnis von Tür zu Tür ermöglichen.
Lärmschutz als dritter Pfeiler der DB-Umweltstrategie
Mehr Fahrgäste für eine starke Schiene heißt aber auch, an diejenigen zu denken, die an der Schiene wohnen. Denn zu einer ehrlichen Lagebeschreibung gehört auch, dass die Schienenverkehrstechnologie nicht soweit ist, ein geräuschloses Fahren zu ermöglichen. Zugleich benötigen wir die Akzeptanz der Anwohnerinnen und Anwohner, um mehr Verkehr auf die klimafreundliche Schiene zu verlagern. Aus diesem Grund bildet der Lärmschutz neben Klima- und Naturschutz den dritten Pfeiler der Umweltstrategie der Deutschen Bahn, die wir mit der Umweltmarke „Das ist grün.“ gebündelt haben.
Der Lärmschutz gewinnt an Bedeutung, weil wir nicht nur im Personenverkehr attraktiver werden, sondern auch mehr Güter transportieren wollen. Auch hier haben wir als Deutsche Bahn ein ambitioniertes Ziel und wollen den Güterverkehr um 70 Prozent ausbauen. Denn klar ist: Eine tatsächlich nachhaltige und erfolgreiche Verkehrswende werden wir nur mit einer starken Schiene realisieren können, die im Zentrum der Mobilitäts- und Logistikverbünde steht. Und eine starke Schiene bedeutet mehr Verkehr auf den Gleisen. Deshalb haben wir uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Die Halbierung des Schienenverkehrslärms seitens der DB bis 2020. Ein Jahr vor dem Erreichen dieser Zielmarke können wir feststellen, dass wir Wort halten und dieses Ziel im nächsten Jahr erreichen werden.
Zwei-Säulen-Strategie für mehr Lärmschutz
Erreicht haben wir das durch die konsequente Umsetzung einer Zwei-Säulen-Strategie für mehr Lärmschutz:
- Säule eins reduziert den Lärm direkt bei der Entstehung an Fahrzeugen: Durch die Umrüstung von vor allem nachts fahrenden Güterwagen auf moderne Verbundstoffbremssohlen (sogenannte Flüsterbremsen) und die Beschaffung neuer geräuscharmer Güterwagen wird bis Ende 2020 die gesamte Flotte von rund 63.000 Wagen bei DB Cargo in Deutschland leiser unterwegs sein. Allein DB Cargo wird so bis 2020 rund 200 Millionen Euro in die Umrüstung ihrer Flotte investieren.
- Säule zwei mindert den entstandenen Lärm durch verbesserten Lärmschutz vor Ort: Konkret bauen wir Lärmschutzwände an der Strecke und rüsten Wohnungen beziehungsweise Häuser mit Schallschutzfenstern oder anderen lärmmindernden Materialien aus. So werden wir bis Ende 2020 an rund 2.000 Streckenkilometern für die Anwohnerinnen und Anwohner spürbar leiser werden. Bis heute wurden so im Rahmen des freiwilligen Lärmsanierungsprogramms seitens des Bundes und der Deutschen Bahn über 1,4 Milliarden Euro in den Lärmschutz an den bestehenden Strecken investiert.
Weitere Handlungsschwerpunkte
Diese positive Entwicklung zeigt uns, dass wir tatsächliche Verbesserungen für die Menschen erreichen können, wenn wir an einem Strang ziehen. Dies ist für uns Ansporn, noch mehr zu tun, um den Lärmschutz für eine starke und klimafreundliche Schiene auszubauen. Deshalb sind wir in folgenden weiteren drei Bereichen aktiv:
Lärmschutz an Brennpunkten ausbauen
Nicht alle Strecken sind gleich frequentiert, zudem sorgen ortsabhängige Gegebenheiten für eine unterschiedlich starke Belastung von Lärm für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner. Deshalb planen und bauen wir für diese „Lärmbrennpunkte“ zusätzlichen Lärmschutz, um auf besondere Lärmsituationen einzugehen und spezifische Lösungen zu schaffen.
Auf Basis von Machbarkeitsuntersuchungen wurden auf diesem Weg beispielsweise im Mittelrheintal, Inntal und dem Elbtal spezifische lärmmindernde Maßnahmen umgesetzt: Wir werden in diesen besonders stark betroffenen Regionen in den nächsten Jahren Mittel im dreistelligen Millionenbereich in den Bau von Lärmschutzwänden und lärmmindernden Technologien (vor allem sogenannte Schienenstegdämpfer) investieren. Dies wird zu einer nachhaltigen Entlastung der Anwohnerinnen und Anwohner führen. Eine weitere vom Bund finanzierte Machbarkeitsuntersuchung für zusätzliche Maßnahmen in Berlin steht kurz vor dem Abschluss.
Forschung und Entwicklung für Maßnahmen vor Ort intensivieren
Ein weitergehender Lärmschutz ist durch neue Technologien möglich. Deshalb engagieren wir uns in vielen Projekten zur Erforschung und Erprobung lärmmindernder Technologien an den Strecken und Fahrzeugen. Unter dem Titel „Initiative Lärmschutz Erprobung neu- und anwendungsorientiert“ (I-LENA) haben wir uns gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur das Ziel gesetzt, das Portfolio der Maßnahmen beim ortsfesten Lärmschutz zu erweitern. Ideengeber und Hersteller haben die Möglichkeit, ihre zur Erprobung zugelassenen Prototypen im realen Betrieb zu testen und deren Wirksamkeit zu messen.
Das Spektrum der ausgewählten Maßnahmen ist breit gefächert. Neben neuartigen, niedrigen und effektiven Lärmschutzwänden werden unterschiedliche Materialien bei mobilen Wänden zur Reduzierung des Baustellenlärms erprobt. Hinzu kommen Technologien zur Minderung von Kurvenquietschen, Brückendröhnen oder Baulärm. Das Projekt hat ein Volumen von rund sechs Millionen Euro und wird Ende 2020 abgeschlossen sein. Viele der aktuell noch in der Entwicklung befindlichen Projekte werden bald Realität und so den Lärm weiter mindern und die Akzeptanz der Schiene erhöhen.
Forschung und Entwicklung für Maßnahmen am Fahrzeug intensivieren
Neben der Erforschung neuer Technologien im Netzinfrastrukturbereich kommt auch den Innovationen im Fahrzeugbereich eine hohe Bedeutung zu. So haben wir in Kooperation mit der VTG AG die Entwicklung eines „innovativen Güterwagens“ erfolgreich abschließen können. Hier wurden energieeffiziente, intelligente und lärmarme Güterwagen erprobt. In dem mit rund 18 Millionen Euro vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geförderten Projekt wurden zudem verschiedene Bauarten von Güterwagen wie Autotransport- und Containertragwagen sowie Flach- und Kesselwagen neu entwickelt und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, Betriebstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit erfolgreich untersucht.
Zeit des Handelns hat begonnen
Diese Beispiele zeigen, dass sich eine starke Schiene im Wettbewerb der Verkehrsträger dann als die klimafreundliche Alternative behaupten wird, wenn sie sich kontinuierlich weiterentwickelt. Hierzu sind auch weitere Anstrengungen im Lärmschutz eine zwingende Voraussetzung, der wir uns als Deutsche Bahn auch in Zukunft stellen werden. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass künftige Generationen mit Blick auf unsere Entscheidungen sagen werden: Die Zeit des Handelns hat begonnen.
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