Der Bahnbau steht heute vor komplexen Herausforderungen. Nachhaltigkeitsziele halten auch in diesen Industriezweig Einzug. Plasser & Theurer arbeitet seit zehn Jahren an Gleisbaumaschinen mit alternativen Antrieben. Sie müssen ökologisch zukunftssicher, ausreichend leistungsstark und wirtschaftlich darstellbar sein.
Gleisbau kann leise und schadstoffarm sein. Erstmalig im Einsatz begeisterte ein neues Antriebskonzept bereits 2015 ein Fachpublikum von 500 Expert*innen bei der Tagung der Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (ÖVG) in Salzburg. Damit wurde eine bedeutungsvolle Wende eingeleitet. Drei Ziele standen im Fokus der neuen E3-Maschinengeneration: Economic, Ecologic und Ergonomic. Inzwischen nahmen 14 E3-Maschinen ihren Betrieb auf als Wegbereiter einer neuen Ära im Gleisbau und über 60 weitere sind in Fertigung bzw. beauftragt.
Dem wachsenden Bedarf gerecht werden
Handelte es sich vor einigen Jahren noch um hochgradig individualisierte Einzellösungen, so fordern Klimawandel und politische Zielsetzungen für CO2-Reduktion heute Antworten wie E3. Und das in rasch zunehmendem Ausmaß. Plasser & Theurer setzt daher auf eine serienähnliche Entwicklung von Bahnbaumaschinen. Dies ist die Folge des wachsenden Bedarfs und der enorm gesteigerten Aufwände für die Zulassung in Europa.
Flottenangebot mit modularem Antrieb
Instandhaltungsfahrzeuge mit trimodalem Antrieb in modularer Serienbauweise werden aktuell für die ÖBB gefertigt. Als Energiequelle dienen wahlweise mehrere grüne Optionen: die Oberleitung, im Arbeitseinsatz Batterien und als Rückfallebene ein dieselelektrisches Powerpack, das mit synthetischen Kraftstoffen betrieben wird. Dabei wurde E3 erstmals für eine Maschinenserie entwickelt und realisiert.
Leistungssteigerung als Basis für mehr Effizienz
Flächendeckend neue E3-Maschinen auszurollen, ist ein wichtiges Ziel. Doch am Weg zum grünen Bauen gibt es schon jetzt schnell realisierbare Etappenziele. Dabei handelt es sich um eine Summe von Einzelmaßnahmen, die im zielgerichteten Einsatz die Effizienz der Bestandsflotten steigern und Emissionen reduzieren.
Der Energiebedarf sinkt bereits mit zunehmender kontinuierlicher Arbeitsweise, da nur mehr 20 Prozent der Maschinenmasse bei jedem Stopfeingriff gebremst und wieder beschleunigt werden. Drehzahlregelungen bei Stopfaggregaten machen die Arbeitseinsätze leiser und effizienter. Bei Retrofits stehen elektrische Stopfaggregate – Öko-Retrofits – im Angebot. Sie senken die Motordrehzahl und damit Lärmemissionen, CO2-Ausstoß und Treibstoffverbrauch. Alternative Treibstoffe wie HVO 100 machen Maschinen mit Verbrennungsmotoren „grüner“. Diese Maßnahmen reichen natürlich nicht aus, doch lassen sie eine Trendwende hin zum grünen Bahnbau deutlich erkennen.
Gleisinstandhaltung mit Bahnstrom aus der Oberleitung
Der Anteil an erneuerbarer Energie im deutschen Bahnstrom nimmt erheblich zu, 2022 lag er bei 65,2 Prozent. In Österreich wird der Bahnstrom zur Gänze aus Wasserkraft, Sonne und Wind gewonnen. Der Fahrdraht stellt die perfekte Energiequelle für die Gleisinstandhaltung dar. Ein Unternehmen, das als Pionier 2016 auf die E3-Technik setzte, ist Krebs-Gleisbau mit einem Unimat 09-32/4S Dynamic E3. Diese Stopfmaschine für Gleise und Weichen lieferte Daten, die schnell belegten, dass umweltfreundliches Agieren auch wirtschaftlich sein kann.
Die DB Bahnbau Gruppe präsentierte auf der InnoTrans 2022 einen vollelektrischen Unimat 09-4×4/4S Dynamic E3. Die Maschine wurde nach dem grünen Superhelden „Hulk“ getauft. „Vollelektrisch“, weil hier bereits die Stopfaggregate und Achsgetriebe elektrisch ihre Arbeit leisten. Elektrische Energie muss nur noch wenig umgewandelt werden, um die verbliebene Hydraulik zu versorgen, wie beim Hebe- und Richtaggregat zur Manipulation des Gleisrostes in die Soll-Lage. Der vollelektrische Energiestrang ist hocheffizient und reduziert den Bedarf an Hydrauliköl enorm.
Die Entwicklung geht weiter. Das Angebot umfasst bei Plasser & Theurer heute modular aufgebaute Systeme, die weit mehr als Stopfarbeiten erledigen. Integrierte Instandhaltungssysteme kombinieren Arbeitsverfahren und bieten digitale Assistenz für effiziente und nachhaltige Ergebnisse. Die Stopftechnik bleibt natürlich das entscheidende Herzstück: variabel für Gleise und Weichen, für eine oder mehr Schwellen. Systemisch gedachte Ergänzungen vernetzen die Instandhaltungsmaschine individuell nach Bedarf mit der Infrastrukturinspektion, der Vormessung und Nachweisführung.
Ökologisch ist auch ökonomisch
Bisher lag der Fokus bei Bahnbaumaschinen in erster Linie auf deren Leistung und Arbeitsqualität. Die Betrachtungsweisen auf alternative Antriebe im Gleisbau sind dagegen vielschichtiger: Der erheblich niedrigere Schallpegel steigert für Anwohner und Bedienpersonal die Lebens- und Arbeitsqualität und reduziert Stressfaktoren – ein nicht zu unterschätzender Aspekt, der zunehmend von Bedeutung für die Gesellschaft ist.
Der elektrische Antrieb senkt den Schadstoffausstoß je nach Einsatzszenario bis auf null. Der Wegfall von Tankstopps und Einsparungen bei Wartungsaufwänden ist ein Zugewinn an Maschinenverfügbarkeit. Daraus ergeben sich neue Potenziale im Flottenmanagement. Für zukunftssichere Investitionen lohnt sich der Blick auf eine Gesamtkostenbilanz über den Lebenszyklus. Der ökologische Fußabdruck grüner Bahnbaumaschinen zeichnet sich als nachhaltige Investition in die Zukunft ab.
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