
Führungskräfteentwicklung individuell und bedarfsbezogen zu gestalten, ist nicht nur eine Ressourcenfrage, sondern angesichts der Vielfalt von Führungssituationen und -charakteren ein hehres Ziel. Nur im Miteinander aller Beteiligten kann ein gemeinsames Produkt entstehen, das fordert und fördert, das einlädt und verpflichtet, das Maßgaben des Unternehmens genauso wie persönliche Erfordernisse berücksichtigt. Geschildert wird die Veränderung des Führungskräfte-Entwicklungsprogramms bei der KKH. Eine Lernreise für alle Mitwirkenden.
Die Anforderungen an Führungskräfte sind umfangreich und definitiv verändern sie sich mit der Zeit und den sich damit wandelnden Menschenbildern und Arbeitsbedingungen.
Führung ist ein Chamäleon
Je nachdem, in welcher Unternehmens- respektive Führungskultur und in welchem Führungskontext sich Führende bewegen, sind es bestimmte Führungsstile und -kompetenzen, die stärker oder weniger stark ausgeprägt werden. Handlungsspielräume unterscheiden sich und Geführte ohnehin.
In diesem weiten Feld aus Beständig-berechenbarem und Wechselhaft-adaptivem, aus klaren Arbeitsvorgaben und Verantwortungsabgabe an Mitarbeitende, aus Präsenz und Virtualität bewegt sich auch die Kaufmännische Krankenkasse KKH mit ihrer rund 360 Führungskräfte umfassenden Führungsmannschaft: geeint durch Unternehmenswerte und einem Führungsleitbild und doch spezifisch hinsichtlich zu erfüllender Aufgaben und zu erreichender Ziele.
Dieser Bandbreite von Führung und Führungspersönlichkeiten innerhalb der KKH während der Lernreise „Führung“ bestmöglich gerecht zu werden, ist Ziel unseres Führungskräfteentwicklungs-Teams. Dabei liefern uns u. a. die KKH-Vision und -Strategie, unsere Kompetenzanforderungen an Führungskräfte sowie aktuelle und künftige Herausforderungen den Rahmen für unser Entwicklungsprogramm.
Gemeinsame Arbeit auf Augenhöhe
Führungskräfte, die bei uns erstmals in Führung gehen – entweder, weil sie zuvor Mitarbeitende der KKH oder extern in anderen (Führungs-)Funktionen tätig waren – bringen Erfahrungen, individuelles Erleben, Kenntnisse und Fähigkeiten mit. Keine*r kommt als „unbeschriebenes Blatt“. Jede*r hat nicht nur als Teilnehmende*r etwas zu lernen, sondern auch als Teilgebende*r etwas zu teilen.
Aus diesem Grund begegnen wir – Teilnehmende und Führungskräfteentwickler*innen – uns im Führungskräfteprogramm auf Augenhöhe. Feedback und Mitgestaltung werden großgeschrieben. Wir Führungskräfteentwickler*innen verstehen uns als Lernbegleitende, die den Lernrahmen gestalten, Lernangebote unterbreiten und bei Bedarf beratend und coachend zur Seite stehen.
Auch wenn das Programm für alle neuen Führungskräfte obligatorisch ist, zielt es auf individuelle, bedarfsorientierte Weiterentwicklung. Damit gleichwohl Vernetzung und Gemeinschaft gefördert sowie die Fülle an vorhandenem Wissen und Erfahrung genutzt werden, ist das von- und miteinander Lernen in Gruppenformaten unersetzlich. Indem wir Führungskräfte in ihrer Einstiegs- und Orientierungsphase zusammenbringen, fördern wir ihr Zusammengehörigkeitsgefühl genauso wie die Bindung an unser Unternehmen KKH.

Lernen verändert sich
Circa 13 Jahre lang erweiterten neue Führungskräfte ihre Kompetenzen in einer eher verschulten Form der Weiterentwicklung. Jede*r durchlief eine festgelegte Reihenfolge an thematischen Modulen und schloss die Weiterentwicklung innerhalb eines Zeitrahmens von ca. 12 Monaten mit seiner durchgängig bestehenden Lerngruppe ab. Dieses Modell war erfolgreich und hochgeschätzt, da schon „damals“ trotz feststehender Bausteine hinsichtlich Reflexion und Transfer nah am Einzelnen orientiert.

Bei allen positiven Rückmeldungen gab es gleichwohl gegen Ende der Durchführung dieses Programms immer wieder auch solche Stimmen: „Das hätte ich mal vor einem halben Jahr wissen müssen – das wäre so wertvoll gewesen. Mittlerweile habe ich mir anders geholfen. Aber mit dem, was ich heute hier mitnehme, …“ Die Themen waren die richtigen, der Zeitpunkt der Vermittlung hingegen nicht immer. Und Teilnehmende schafften sich offenbar selbst Antworten und Lösungen herbei: via Google, YouTube oder unseres E-Learning-Angebots und natürlich über kollegialen Austausch oder die Unterstützung ihrer Führungskraft.
Aus dieser Erkenntnis entstand der Wunsch, ein flexibleres Programm zu entwickeln, das die individuellen Lernbedarfe jedes Einzelnen stärker berücksichtigte. Damit einher ging eine intensive Auseinandersetzung mit dem veränderten Lernverhalten der Teilnehmenden. Nahezu alles war mittlerweile von irgendwoher digital abrufbar, und zwar ortsunabhängig und jederzeit. Unsere Führungskräfte nutzten dies und das wollten wir aufgreifen.
So führte unser Weg hin zu einer Programmform, welche die konkreten Bedarfe des Einzelnen fokussiert. Seit ca. 2,5 Jahren starten wir mit einer Bestandsaufnahme hinsichtlich relevanter Führungskompetenzen und -aufgaben, der Festlegung von Lernzielen und der Ermittlung der vordringlichsten „Schmerzpunkte“. Dabei stehen nun auch Themen wie Selbstwahrnehmung und -führung, gesundheitsförderliche oder hybride Führung auf der Themenlandkarte.
- Welche Fragen habe ich als teilnehmende Führungskraft?
- Wo drückt es am meisten, was brauche ich als erstes?
- Wann würde ich als Teilnehmende sagen, ich kann mit diesem Thema in meinem Führungsalltag umgehen und weiß mir zu helfen?
- Welche Sicht hat meine übergeordnete Führungskraft auf mich? Wo sieht sie Stärken, wo Entwicklungspotenziale von mir?
- Welche Ideen haben wir gemeinsam, um mein Führungsverständnis und mein Führungshandeln zu stärken?
Aufbauend auf diesem Ausgangspunkt werden Entwicklungsgespräche geführt, in denen zu ausgewählten Schwerpunktthemen Maßnahmen der Weiterentwicklung vereinbart werden: Videokurse aus der digitalen KKH Lernwelt, eBooks, Podcasts oder Audio-Talks aus unserer E-Bibliothek, Checklisten und Informationsblätter sowie Vereinbarungen zum schrittweisen Transfer in den Führungsalltag. Mit diesem Fundus ausgestattet, beginnen die Teilnehmenden des Programms ihre Selbstlernphase – eigenverantwortlich und selbstgesteuert.
Der Nutzen des Führungskräfte-Entwicklungsprogramms der KKH lässt sich treffend mit den fünf Begriffen aus der Abbildung 2 beschreiben.
Lernen ist der erste Schritt, Umsetzen der zweite
Unsere Teilnehmenden sind pfiffige Führungs-Menschen und gleichzeitig ganz normal: nicht alles erkennen und verstehen sie sofort, manches will hinterfragt oder mit einem Gegenüber diskutiert werden und vieles erprobt und ausprobiert. Unsere Workshops bieten dafür einen geschützten Rahmen.
Mit dem Bekenntnis zu Offenheit im Inneren und Verschwiegenheit nach außen, gegenseitiger Wertschätzung und Respekt und der aufrichtigen Anerkennung, wenn der / die Einzelne sich mit dem zu zeigen traut, was bewegt und noch nicht optimal funktioniert, nutzen unsere Teilnehmenden diesen Lernraum. Sie teilen Erlebnisse, Erfolge, Sorgen und Misserfolge ohne Konsequenzen, beraten sich kollegial, erproben Gespräche und nutzen das Feedback für Veränderungen.
Gestärkt durch neue Impulse, die wir Lernbegleitende auf Wunsch für die Workshops aufbereiten und erfüllt von (Selbst-)Erkenntnissen geht es zurück in den Führungsalltag. Damit nachhaltig „drangeblieben wird“ und die Weiterentwicklung Fahrt aufnehmen kann, dienen gemeinsame Reflexionsgespräche zwischen Teilnehmenden, direkter Führungskraft und Führungskräfteentwickler*in. Die nun folgenden Maßnahmen zur Verstetigung des Erlernten und weitere Themen der nächsten Selbstlernetappe werden besprochen.
Darüber hinaus bilden die teilnehmenden Führungskräfte unseres Programms Lerngruppen aus 4 bis 5 Personen. Selbstorganisiert und in Eigenregie widmen sie sich regelmäßig zwischen den Workshops ihren Führungsthemen und besprechen Sichtweisen und Handlungsoptionen.

Zusammenfassung & Ausblick
Das Führungskräfteentwicklungsprogramm der KKH hat sich verändert. Es ist mit der Zeit und mit den Teilnehmenden gewachsen. Es fördert und unterstützt individuell und es fordert viel Selbst-Reflexion und -Steuerung. Teilnehmende sind auch Teilgebende, sie bringen sich aktiv ein, gestalten ihre Lernreise und sorgen in großer Eigenverantwortung für ihren Lernfortschritt. Klingt gut? Ist gut!
Mitnichten funktionierte alles, was wir im ersten Schritt umsetzten. Einiges passten wir an, anderes wurde verworfen. Wir haben nicht den Anspruch, dass unser Programm wieder 13 Jahre läuft. Wenn es heute erfolgreich ist, machen wir weiter, ist es das morgen nicht mehr, passen wir an. Gleichzeitig leben wir mit der Ambivalenz, dass manche Teilnehmende etwas befürworten und nutzen, was wiederum andere ablehnen.
Aktuell läuft unser Entwicklungsprogramm in einer „Sonderauflage“. Wir haben Veränderungen im Verhalten unserer Teilnehmenden beobachtet und Rückmeldungen sehr ernst genommen. Ein großes Transformationsvorhaben, laufende Projekte und damit einher gehende Mehrfachbelastungen setzen zusätzlich Grenzen. Grenzen auch für das selbstgesteuerte Lernen und die regelmäßigen, sehr umfangreichen Reflektionsgespräche im Entwicklungsprogramm.
Wir brauchen also derzeit ein Modell, das Entlastung schafft durch mehr Orientierung und stärkere Steuerung aus der Führungskräfteentwicklung. Etwas, das praktikabel ist, Halt gibt und die Freude am Lernen aufrechterhält. Daher kuratieren wir aktuell Lerninhalte stärker, sorgen für Lernzeitfenster und haben Gesprächsformate verändert. Geblieben ist die Möglichkeit für unsere Führungskräfte, bedarfsorientiert Lerninhalte zu wählen und der Anspruch, für den eigenen Lernfortschritt einzutreten. Damit pflanzen wir auch weiterhin den Samen des selbstgesteuerten Lernens in unserem Unternehmen KKH und ermöglichen unseren Führungskräften dieses – für unsere Zukunft zwingend notwendige – Lernverhalten an ihre Mitarbeitenden weiterzureichen.
Weitere Infos
Mit rund 1,6 Millionen Versicherten zählt die KKH Kaufmännische Krankenkasse als eine der größten bundesweiten Krankenkassen zu den leistungsstarken Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Mitarbeitenden der mehr als 100 Servicestellen beraten und betreuen die Versicherten flächendeckend in allen 16 Bundesländern vor Ort. Insgesamt sind bei der KKH rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Sitz des Unternehmens ist Hannover.
Mehr unter:
www.kkh.de/unternehmen/kurzportraet
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