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Innovationen im Güterverkehr

Digitalisierung der Schiene bringt uns alle miteinander ans Ziel

Foto: DB AG/Volker Emersleben
Foto: DB AG/Volker Emersleben

Technologietreiberin aus Tradition, das ist unsere Bahn. Wer die jüngste InnoTrans besuchte, konnte übervolle Messehallen und einen enormen Besucherandrang erleben. Kein Wunder: Unsere Branche steht für eine Entschlossenheit und Innovationskraft wie kaum eine andere. Schon in der ersten industriellen Revolution nahm die Schiene eine Schlüsselrolle ein. Auch heute, in der aktuellen Transformation unserer Industrie und Gesellschaft, bleibt sie ein Motor des Fortschritts. Vor 200 Jahren wurde durch den Ausbau der Schienennetze die Entwicklung von Telegraphennetzen und Telefon angetrieben. Heute, im 21. Jahrhundert, treibt die Digitalisierung als Katalysator den Wandel in unserer Branche voran: Analoge Prozesse im Bahnbetrieb können sinnvoll digitalisiert werden. Dadurch wird das ohnehin energieeffizienteste Verkehrsmittel zum Booster einer neuen Mobilität, die auch für kommende Generationen das Rückgrat für Wohlstand und Freizügigkeit in Europa bildet.

Insbesondere Künstliche Intelligenz ist gut für den Bahnbetrieb geeignet, weil sie sowohl mit der Komplexität wie auch den großen Datenmengen des Systems umzugehen vermag, Prozesse in Echtzeit optimieren kann und dabei sowohl die Effizienz als auch die Sicherheit steigert. Sie ermöglicht es im harten Wettbewerb des Schienengüterverkehrs ressourcenschonender, zuverlässiger und kundenorientierter zu produzieren. Für mich sind Digitalisierung und KI darum Schlüsselwerkzeuge für die Zukunft von Schienenmobilität.

Vernetzte und intelligente Güterwagen

Blicken wir auf einen Güterwagen. Auf den ersten Blick so anlog wie kaum etwas anderes: Tragrahmen für unterschiedliche Aufbauten, Achsen, Räder, Bremsen, Kupplung – fertig. Einfach, mechanisch, und darum höchst effektiv, weil robust und standardisiert. Ein Güterwagen kann im gesamten 230.000 Kilometer großen Schienennetzwerk des Kontinents eingesetzt werden. Wie können wir diese Vorteile mit den komplexen – und vor allem digital gesteuerten – Produktions- und Lieferketten des Jahres 2024 verknüpfen?

Unsere Lösung: 63.000 Güterwagen, verbunden mit künstlichen Sternen im All und dem größten globalen Netzwerk. Eine neue Generation solarbetriebener GPS-Module liefert außergewöhnlich präzise und kontinuierliche Standortdaten. Diese werden in einer KI-unterstützten Software in Millisekunden mit Standort-, Infrastruktur- und Auftragsdaten abgeglichen. Der Effekt: Wir haben in Echtzeit Transparenz darüber, ob die Lieferungen unserer Kunden pünktlich am richtigen Ort sind.

Gerade in der eng verflochtenen Bahnlogistik ist das entscheidend: Wenn etwa Stahlschrott in den Hochofen geliefert wird, müssen die verschiedenen Sorten in genau der richtigen Reihenfolge zur Produktion bereitgestellt werden – und das beginnt bereits im Rangierbahnhof! Die Kombination aus GPS-Daten und intelligenter Datenaufbereitung schafft echten Mehrwert für uns und unsere Kunden – und spart Zeit und Geld.

Foto: DB AG/Volker Emersleben
Foto: DB AG/Volker Emersleben

Mehrwert für wirtschaftliche und resiliente Logistik

Und Digitalisierung schafft einen echten schnellen Mehrwert für unsere Kunden. Sie sind es, deren neue Produktionsverfahren – sei es bei Batterielogistik oder bei der Herstellung von „Grünem Stahl“ – effektive und wirtschaftliche, aber auch sehr resiliente Logistiklösungen einfordern. Gerade für die zunehmende Kreislaufwirtschaft in der produzierenden Wirtschaft hält der Schienengüterverkehr systembedingt passgenaue Lösungen parat: Shuttle- und Ringverkehre sind schon lange das Mittel der Wahl für wirtschaftliche Logistik. Der digitale „Echtzeitblick“ auf unsere Ressourcen sorgt dafür, dass wir bei Verspätungen, Störungen oder sich ändernden Verkehrsbedingungen schnelle und präzise Entscheidungen treffen und die Lieferkette resilienter machen können.

Digitalisierung schafft auch bessere Arbeitsbedingungen: Unsere Wagenmeisterinnen und -meister legen pro Schicht oft 10 bis 15 Kilometer zurück – logisch, wenn ein Güterzug bis zu 700 Meter lang ist und 40 Wagen umfasst. Doch warum muss eine hochqualifizierte Fachkraft wirklich für alle Kontrollaufgaben diese Strecke zurücklegen?

Viele Aufgaben sind gesetzlich vorgeschrieben, etwa die Dokumentation der regelmäßigen Überprüfung der „Anschriften“ auf den Wagen, um die Wartungsintervalle im Blick zu behalten. Mittlerweile durchlaufen nahezu alle Güterwagen, die über unsere großen Rangierbahnhöfe geroutet werden, eine Kamerabrücke. Hochleistungskameras filmen die Wagen bei Tag und Nacht und liefern hochauflösende Bilder. Diese Technologie unterstützt schon lange die Schadensdiagnose und Instandhaltung. Nun haben wir ein neues Feature ausgerollt: Dank KI können wir die Anschriften automatisiert erfassen. Statt langer Inspektionsrundgänge und dem Ausfüllen von Excel-Tabellen erfolgt diese technische Dokumentation jetzt digital – quasi „im Vorbeirollen“.

Potenzial für mehr Kapazität

Das sind einige Bausteine, in die wir als Unternehmen investieren, weil wir einen „Return of Invest“ für unsere Kunden und für unser Geschäft sehen. Ich bin eine Freundin davon, die Dinge vom Ende her zu betrachten: Das größte Potenzial für mehr Kapazität und damit das höchste Potenzial, CO2 einzusparen, liegt in der konsequenten Digitalisierung des Gesamtsystem Schiene/Rad. Heißt: Mit der digitalen automatischen Kupplung (DAK), digitaler Leit- und Sicherungstechnik sowie einem digitalen europäischen Fahrplan- und Trassensystem haben wir den wirkmächtigsten Hebel für eine erfolgreiche Verkehrsverlagerung auf die umweltfreundliche Schiene.

Warum haben alle Verkehrsarten etwas davon, wenn Güterzüge ein digitales Rückgrat erhalten? Die DAK ist weit mehr als nur eine Kupplung – sie digitalisiert den Schienengüterverkehr und schafft technische Voraussetzungen für elektronische Bremssteuerungen – und so eine höhere Geschwindigkeit von Güterzügen im Schienennetz. Davon profitieren alle Kunden und alle Infrastrukturbetreiber.

Der Blick in den historischen Rückspiegel hilft, das Morgen besser zu machen: Als vor fast 200 Jahren zwischen Nürnberg und Fürth der erste Dampfzug auf Schienen pendelte, war das noch eine privatwirtschaftliche Initiative kühner fränkischer Kaufleute und Unternehmer. Als es darum ging, diese neue Mobilitätstechnologie in ein flächendeckendes Netzwerk zu skalieren, übernahm das bayerische Königshaus, später die junge „Weimarer“ Reichsregierung Verantwortung, um das System zu etablieren und stark zu machen.

Die Klimakrise ist leider nicht mit einem Wahlergebnis oder einer politischen Trendwende beendet. Es geht nach wie vor darum, mehr Güter auf die Schiene zu bringen, es geht darum, weniger CO2 in unsere Atmosphäre zu jagen. Das gelingt weiterhin nur mit der Schiene, aber nicht durch die Schiene allein. Keine andere Technologie wie unsere Bahn bietet in so kurzer Zeit so viel Klimaschutz, wenn Digitalisierung konsequent ausgerollt wird. Werben wir gemeinsam dafür!


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