Seit der Bahnreform ist der Anteil des privaten Schienengüterverkehrs am Markt stark gestiegen. Doch trotz politischer Ziele gibt es kaum Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Woran das liegt und wie man es ändern könnte, wird in diesem Beitrag erläutert.
Der Schienengüterverkehr ist seit der Bahnreform 1994 in Deutschland eine Erfolgsgeschichte. Als Vertreterin des privaten Güterverkehrs sage ich natürlich explizit: vor allem der private Schienengüterverkehr. Die Öffnung des Marktes und die Liberalisierung haben zu einem deutlichen Innovationsschub geführt. Heute arbeiten dutzende Güterbahnen in einem wettbewerbsfähigen Umfeld und tragen Tag für Tag dazu bei, unsere Wirtschaft zu bewegen, Waren zu transportieren und CO2-Emissionen zu senken.
Diese Entwicklung zeigt, dass die Eisenbahn als Herzstück einer nachhaltigen Logistik einen entscheidenden Beitrag für die Klimaziele in ganz Europa leisten kann. Doch obwohl der Schienengüterverkehr eine unverzichtbare Säule der Verkehrswende darstellt, reichen die politischen Rahmenbedingungen nicht, um das Potenzial der Schiene auszuschöpfen.
Güterverkehr seit der Bahnreform: Mit mehr Wettbewerb zum Erfolg
Seit der Bahnreform hat sich der Schienengüterverkehr in Deutschland massiv gewandelt. Vor allem die wachsende Zahl an Güterbahnen, die dem Markt beigetreten sind, hat zu einer deutlichen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und zu einem breiteren Dienstleistungsangebot geführt. Diese Vielfalt bringt Effizienz, Innovationskraft und Kundennähe mit sich – Aspekte, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass der Schienengüterverkehr heute mehr denn je eine Alternative zum Straßengüterverkehr ist.
Trotz aller Herausforderungen, wie etwa dem harten Wettbewerb mit dem Straßensektor und einer immer schlechter werdenden Situation der Infrastruktur: Die Branche zeigt, dass sie flexibel und anpassungsfähig ist. Die Schienenunternehmen setzen stärker auf Digitalisierung, Automatisierung und innovative Logistikkonzepte, um ihren Vorsprung in puncto Nachhaltigkeit und Effizienz weiter auszubauen.
Dennoch: Die Erfolge der letzten Jahre sind keine Selbstverständlichkeit. Es bedarf kluger politischer Entscheidungen, um den Schienengüterverkehr wettbewerbsfähiger zum Lkw zu machen – eine Altlast vergangener Straßen-affiner Politik, deren Umkehr der Bund bisher allerdings nicht geschafft hat.
25 Prozent bis 2030: Gut gemeint, aber (noch) nicht gut gemacht
Die Bundesregierung hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, den Anteil des Schienengüterverkehrs bis 2030 auf 25 Prozent zu erhöhen. Dieses Vorhaben ist nicht nur ein ökologisches Gebot der Stunde, sondern auch eine ökonomische Notwendigkeit, um unsere Verkehrsinfrastruktur zu entlasten. Als Verband sind wir begeistert, dieses Ziel so klar im Koalitionsvertrag zu lesen und senden auch das Signal an die kommende Regierung: Bitte streicht solche klaren Zahlen und die Botschaft dahinter nicht! Sie ermöglichen uns, die Politik zu messen und zu hinterfragen, ob die richtigen Anreize gesetzt werden.
Die größten Hemmnisse für den Schienengüterverkehr liegen jedoch in der Verantwortung ebenjener Politik. Während andere Länder, wie etwa die Schweiz oder die Niederlande, bereits seit Jahren konsequent in den Ausbau ihrer Schieneninfrastruktur investieren und dabei auch den Güterverkehr gezielt fördern, hinkt Deutschland hinterher.
Es fehlen nach wie vor leistungsfähige Knotenpunkte und ausreichend Kapazitäten, um den prognostizierten Zuwachs an Gütertransporten auf der Schiene zu bewältigen.
Auch die Korridorsanierungen wird hier nicht den großen Wurf bringen. Sie ist notwendig, um die Qualität zu verbessern, doch sie schafft keine Kapazität – nur konsequenter Neu- und Ausbau kann das. Und genau hier investiert die Politik nach wie vor zu wenig, während sie sich hinter dem Heilsversprechen „Generalsanierung“ versteckt.
Die zweite Herausforderung besteht darin, dass der Schienengüterverkehr strukturell benachteiligt wird. Während der Straßengüterverkehr von zahlreichen direkten und indirekten Subventionen und einer stark ausgebauten Infrastruktur profitiert, behält der Schienensektor auf vielen Ebenen das Nachsehen. Nicht, dass man besonders großes Interesse daran hätte, von Fördertöpfen des Bundes abzuhängen. Doch es geht um Wettbewerb, der zurzeit künstlich zugunsten des Lkw entschieden wird.
Beispiel Trassenpreise: Während der zu 95 Prozent elektrisch betriebene Schienengüterverkehr auf 100 Prozent des Weges Trassenpreise zahlt, gibt es für den Lkw zahlreiche Ausnahmen. Er zahlt nur auf sechs Prozent der Straßen eine Maut, E-Lkw sind ausgenommen. Für 2025 und 2026 drohen zudem horrende Steigerungen der Trassenpreise.
Als Verband sprechen wir uns für eine grundlegende Reform des Trassenpreissystems aus: Statt jährlicher Unsicherheit braucht es ein System ähnlich des Lkw, das die Preise für einige Jahre festesetzt. So muss kein Kunde mehr befürchten, dass im nächsten Jahr Preisverhandlungen mit bösen Überraschungen auf ihn warten – die im Übrigen auch die Güterbahnen nicht wollen.
Positive Entwicklungen gibt es aber: Das Aufbrechen des Finanzierungskreislaufes Straße im Dezember 2023 war ein Meilenstein für die Bundesregierung. Zuvor wurde jeder Cent der Lkw-Maut reinvestiert in das Straßennetz – ein Teufelskreis. Nun kann das Geld auch für die Schieneninfrastruktur verwendet werden und, den politischen Zielen entsprechend, Verlagerung durch zusätzliche Kapazität erreicht werden. Diese Reform hat gezeigt, wie es gehen kann.
Die Rolle der DB Cargo
Als größter Anbieter im Markt spielt die DB Cargo eine Schlüsselrolle für das Gelingen der Verkehrswende. Doch seit Jahren kämpft sie mit strukturellen Problemen, die nicht nur das eigene Unternehmen, sondern auch den gesamten Schienengüterverkehr in Deutschland ausbremsen. Trotz zahlreicher staatlicher Unterstützungsmaßnahmen und strategischer Neuausrichtungen gelingt es DB Cargo bisher nur unzureichend, die eigenen Effizienz- und Qualitätsziele zu erreichen.
Man könnte meinen: Freut euch, das ist doch eine gute Nachricht für die Konkurrenz. Es gibt jedoch eine Kehrseite: Die Performance der DB Cargo wirkt sich auch auf die Wahrnehmung der Schiene insgesamt aus. Viele potenzielle Kunden zögern, den Schritt von der Straße zur Schiene zu wagen. Und letztlich wäre es ein wichtiges Signal, Marktanteile vom Lkw abzuziehen, um das politische Ziel zu erreichen, statt sich jahrelang innerhalb der Branche Marktanteile abzuringen. Intramodaler Wettbewerb ist gut, doch ein Verharren der Marktanteile von Schiene und Straße führt zu Stimmen, die die Schiene unterschätzen. Und das wird ihr nicht gerecht.
Fazit
Die Zukunft der Logistik gehört der Schiene. Sie ist energieeffizienter, umweltfreundlicher und unter den richtigen Rahmenbedingungen auch günstiger. Es mutet seltsam an, dass ein Transportmittel, das bis zu 52 Lkw gebündelt von A nach B bekommt, zurzeit nicht selbstverständlich die bessere Wahl ist. Schluss mit Lippenbekenntnissen – gehen wir es an.
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