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Fahren und Bauen

Getaktete Sperrzeiten für mehr Planbarkeit, Stabilität und Qualität

Foto: DB AG / Stefan Wildhirt
Foto: DB AG / Stefan Wildhirt

Die DB InfraGO AG verfolgt mit der Einführung von getakteten Sperrzeiten die Beruhigung des Bauregimes und damit die Stabilisierung des Bahnbetriebs. Getaktete Sperrzeiten bieten genügend Sperrpausen für die dringend notwendige Erneuerung des Schienennetzes und ermöglichen gleichzeitig eine kundenfreundliche und kapazitätsorientierte Fahrplangestaltung. Beides sind wesentliche Erfolgsfaktoren für eine Starke Schiene und damit die ökologische Verkehrswende.

Aktuell erreichen weder der Personen- noch der Güterverkehr auf der Schiene eine gute Qualität. Der Betrieb läuft nicht stabil und die Eisenbahnverkehrsunternehmen spiegeln der DB zu Recht zurück, dass insbesondere das Thema Bau ihnen zu schaffen macht. Deshalb hat die DB InfraGO AG das Geschehen intensiv analysiert und dabei festgestellt, dass sich seit 2019 die Baubetroffenheit der Züge verdoppelt hat.

Gleichzeitig schafft es die Organisation nur bei einem Drittel der Züge, die betreffenden Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) mithilfe der ZvF (Zusammenstellung vertrieblicher Folgen) pünktlich darüber zu informieren, dass es baubedingte Fahrplanänderungen gibt. Diese Verfristung in der Kommunikation hat sich seit 2019 verdreifacht. Das stellt EVU vor enorme Herausforderungen: sei es bei der Personalplanung, Umlaufplanung oder auch in der rechtzeitigen Kommunikation der betroffenen Reisenden.

Die durch Baumaßnahmen betroffenen Züge haben in den letzten Jahren insbesondere deshalb so zugenommen, da immer kleinteiliger und inhomogener gebaut wird. Nicht zuletzt, weil diese vielen kleinteiligen Baumaßnahmen zunehmend verfristet angemeldet werden, können in Folge die Fahrpläne nicht mehr rechtzeitig erstellt werden. Zusätzlich leidet die Fahrplanqualität, da verfristete Baumaßnahmen den Planern nicht genügend Zeit lassen, die Kapazitätseinschränkungen effektiv in bereits bestehende Baustellen zu platzieren. Das wiederum führt zu mehr Baubetroffenheiten. Es mangelt schlichtweg an der erforderlichen Flexibilität und dem notwendigen Spielraum, um das Baugeschehen effizient aufeinander abzustimmen und den Zugverkehr möglichst wenig zu beeinträchtigen.

Nun ist unser Schienennetz jedoch stark in die Jahre gekommen und daher besonders störanfällig. Dies führt zunehmend zu Kapazitäts- und Qualitätsproblemen durch die bereits erwähnten vielen kurzfristig notwendigen Baumaßnahmen. Gleichzeitig nimmt der Baubedarf weiter zu, denn in den kommenden Jahren muss aufgrund des erheblichen Investitionsstaus mehr als je zuvor in die Infrastruktur investiert werden.

Um das Fahren und Bauen gleichzeitig zu ermöglichen, bedarf es Änderungen am derzeitigen Bauregime, welches nicht auf die Kombination aus aktuellem Störgeschehen und zukünftig notwendigem Bauvolumen ausgelegt ist. Denn es darf kein entweder oder zwischen der zwingend notwendigen Sanierung des Netzes und dem stabilen Eisenbahnbetrieb geben.

Ganzheitlicher Bewirtschaftungsplan soll Umsetzung aller notwendigen Vorhaben ermöglichen (Quelle: DB InfraGO AG)
Ganzheitlicher Bewirtschaftungsplan soll Umsetzung aller notwendigen Vorhaben ermöglichen (Quelle: DB InfraGO AG)

Neue Sperrzeitenlogik für das Streckennetz

Seit Sommer 2023 arbeitet die DB InfraGO AG deshalb an der Konzeption und Umsetzung einer neuen Sperrzeitenlogik für das Hochleistungsnetz und das überregionale Flächennetz. Ein ganzheitlicher Bewirtschaftungsplan soll die Umsetzung aller notwendigen Bauvorhaben ermöglichen. Dieser entkoppelt die Baumaßnahme vom Fahrplanprozess und sieht vor, dass große wie kleine Bauvorhaben mit Hilfe von standardisierten, vorab terminierten „Containern“ umgesetzt werden.

Der Begriff „Container“ ist dabei Synonym für Sperrzeiten, innerhalb derer Baumaßnahmen (räumlich) gebündelt durchgeführt werden. So entstehen verlässliche Zeitfenster für Bautätigkeiten, die verkehrlich bestmöglich ausgeregelt sind, aber dazwischen auch geplante Phasen ohne gänzliche Einschränkungen für den Zugverkehr einräumen.

Invest-Container

In diesem Jahr startet die DB mit der Sanierung des Hochleistungsnetzes. 40 hochbelastete Korridore sind identifiziert und für eine Generalsanierung vorgesehen, um bis einschließlich 2030 das neue Hochleistungsnetz zu schaffen. In jeweils fünfmonatigen Totalsperrungen bündelt die DB auf diesen Streckenabschnitten alle erforderlichen Baumaßnahmen.

Danach folgen mindestens fünf Jahre ohne große investive Maßnahmen, denn alle notwendigen Gewerke wurden bereits in der langen Sperrpause integriert. Instandhaltungsarbeiten werden aber selbstverständlich weiterhin notwendig sein, damit die neuen Strecken auch lange halten und die Umleitungsverkehre von anderen, sich in Sanierung befindenden Strecken, aufnehmen zu können.

Aber auch jenseits des Hochleistungsnetzes ist die Infrastruktur veraltet und störanfällig. Die Logik der Generalsanierungen wird deshalb in angepasster Weise nun auch auf das überregionale Flächennetz übertragen. So entsteht ein ganzheitlicher und standardisierter Bewirtschaftungsplan für das Netz, der es erlaubt, den Anlagenzustand auf dem Hochleistungs- und überregionalen Flächennetz gleichzeitig zu heben.

Ab 2027 werden deshalb sogenannte Invest-Container flächendeckend eingeführt. Je nach Baubedarf sind standardisierte Container-Größen für einen Korridor vorgesehen. Diese erlauben eine gewerkeübergreifende Bündelung notwendiger Sanierungsmaßnahmen und sind somit Garant für eine langfristig planbare, effiziente Baudurchführung. Je nach Dimension des Invest-Containers – Sperrdauer und Sperrart (Totalsperrung bzw. Eingleisige Sperrung) – folgt anschließend eine mehrjährige Phase der Baufreiheit. Jährlich wiederholen sich die fast identischen Bauphasen mit festgelegten Zeiträumen für Invest-Maßnahmen zur fokussierten Sanierung der Strecken.

Dank dieser Taktung und der standardisierten Container-Typen gibt es zukünftig nur noch wenige Fahrplanzeitscheiben. Diese größeren Kapazitätseinschränkungen können dann auch frühzeitig mit den EVU konsultiert, im Netzfahrplan angemeldet und regelkonform verarbeitet werden. Daraus ergibt sich eine verlässliche Planbarkeit, da bereits in einem frühen Stadium festgelegt wird, wann, wo und wie die jeweiligen Strecken bebaut werden.

Große wie kleine Bauvorhaben werde mit Hilfe von standardisierten, vorab terminierten Containern umgesetzt
Große wie kleine Bauvorhaben werde mit Hilfe von standardisierten, vorab terminierten Containern umgesetzt (Quelle: DB InfraGO AG)

Instandhaltungs-Container

Um nachhaltig den Anlagenzustand auf diesen Streckensegmenten auch halten zu können, sind regelmäßig getaktete Sperrzeiten für Instandhaltungsmaßnahmen vorgesehen. Diese sogenannten IH-Container sind planmäßig eingeordnet und können auch mit geringem Vorlauf z. B. für Sofortmaßnahmen genutzt werden.

Kurzfristig notwendige Sperrungen werden dadurch auf ein Minimum reduziert. Sie folgen einem vorgegebenen, regelmäßigen Rhythmus, in welchem alle vier Wochen eine Sperrzeit von in der Regel acht Stunden wiederkehrt. Diese Logik erlaubt ein einfach zu merkendes Schema, welches nicht nur für Reisende, sondern auch für EVU und Planer bei der DB InfraGO AG eine deutliche Vereinfachung darstellt.

Unterschiedliche Container-Typen für Strecken, Knoten, S-Bahn und Großmaschinentechnik (Prävention), berücksichtigten dabei jeweils besondere Anforderungen dieser Infrastruktur-Instandhaltungs-Kategorien.

Der Startschuss der Container-Logik für die Instandhaltung fällt im 2. Halbjahr dieses Jahres: in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli werden die ersten IH-Container live zu erleben sein. Diese Containerhüllen können bereits heute mit konkreten Instandhaltungsmaßnahmen befüllt werden.

Analog zu den Invest-Containern wird auch hier eine maximale, gewerkeübergreifende Bündelung von Instandsetzungsmaßnahmen sowie planbaren Inspektions- und Wartungstätigkeiten der Anlagen angestrebt. Im Zentrum steht dabei, dass möglichst alle Instandhaltungstätigkeiten innerhalb der Container stattfinden und somit eine hohe Container-Konformität gewährleistet ist.

Durch die standardisierte Beplanung wird stabilerer Betrieb schon während der Phase der Netzerneuerung erreichbar
Durch die standardisierte Beplanung wird stabilerer Betrieb schon während der Phase der Netzerneuerung erreichbar (Quelle: DB InfraGO AG)

Ausblick

Um die Schieneninfrastruktur in Deutschland aus dem Zustand „zu alt, zu voll, zu kaputt“ in ein robustes und zukunftsfähiges System zu führen, bedarf es zwangsweise einer neuen Herangehensweise, um die notwendige Modernisierung mit einem stabilen Betriebsprogramm in Einklang zu bringen.

Kernelement ist hierbei die Einführung von getakteten Sperrzeiten für kleine wie auch große Maßnahmen. In den kommenden Monaten wird das Konzept weiter verfeinert und für den ganzheitlichen Rollout in den unterschiedlichsten Dimensionen vorbereitet.


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